Was ist Zen?

Auch wenn man es manchmal vermuten könnte, Zen ist keine Duftserie, kein Einrichtungsstil und auch keine neue Wellness-Therapie. Zen ist eine japanische buddhistische Schulrichtung, die ihren Anfang in China nahm und im 13. Jahrhundert nach Japan gebracht wurde. Im Gegensatz zu anderen Schulen, die ihren Schwerpunkt auf Zeremonien oder das Studieren von Sūtren setzen, ist im Zen-Buddhismus Zazen, die schweigende, gegenstandslose Meditation im Sitzen die Hauptübung. Es entwickelten sich drei Schulen: die Sōtō-Schule, die Rinzai-Schule und die Ōbaku-Schule. Unser Dōjō steht in der von Eihei Dōgen (1200 – 1253) begründeten Sōtō-Tradition.
So benutzen wir zum Beispiel keine Kōans (z.B.: „Hörst Du das Klatschen der einen Hand?“), eine Tradition, die eher in der Rinzai-Schule verbreitet ist, und sitzen mit dem Gesicht zur Wand.

Ist Zen Buddhismus?

Ja, natürlich. Zen, auch wie er im Westen praktiziert wird, enthält alle Elemente des Mahayana-Buddhismus: die grundsätzlichen Lehren, wie die Ansicht, daß das Leben Leiden ist und der achtfache Pfad des Buddhismus zu einer Befreiung davon führt, die Zufluchten zu Buddha, Dharma und Sangha, die buddhistischen Regeln, die Sūtras, die buddhistischen Gewänder, die Linie der Lehrer bis zum Shakyamuni Buddha und vor allem die Übung des Buddha, sitzend unter dem Bodhi-Baum bis zum Erwachen, die wir bis heute praktizieren. Jedoch gibt es auch viele Zen-Übende, die Zen nicht als Buddhismus ansehen, sondern als eine fundamentale menschliche Lehre, die aus dem Buddhismus stammt. Man muß also nicht Buddhist sein, um Zen zu üben.

Muß ich auch einen schwarzen Kimono tragen?

Nein. Die Kimonos sind bequem und viele Leute, die länger Zazen praktizieren, schaffen sich einen an, aber er ist keine Pflicht und auch kein Statussymbol. Dieses ist alleine der Jikitotsu (oder Koromo) der Mönche und Nonnen, der allerdings mit seinen sehr langen Ärmeln und dem Unterkimono anders aussieht als die „Laienroben“. Man sollte einfach bequeme Kleidung in unauffälligen, am besten dunklen Farben tragen.

Muß ich im Lotussitz auf einem Kissen sitzen? Das tut weh!

Jein. Das Sitzen im Halben oder Ganzen Lotus, also mit einem oder beiden Beinen auf den Knien, hat seine Berechtigung. Die Position ist sehr stabil, da beide Knie auf dem Boden ruhen, der Rücken wird gestreckt und man ist relativ wach und präsent mit dem Körper. Der Schneidersitz ist keine Alternative, da die Knie in der Luft sind und man schnell kippelt. Ja, es tut anfangs meist weh, so zu sitzen, vor allem die Knie und der Rücken, da der Körper sich erst an das Sitzen auf dem Kissen gewöhnen muß. Zen ist kein Sonntagsspaziergang…

Empfehlenswert ist es, zuhause zu üben. Beim Lesen sich mal fünf Minuten in den Lotussitz setzen, ein wenig dehnen… Und bei uns kann man ohne Weiteres, wenn es allzu sehr schmerzt, im Zendō die Position verändern. Wenn der Fuß so gar nicht auf das Knie will, gibt es auch die Möglichkeit, beide Beine hintereinander zu legen, diese Haltung ist ebenfalls  recht stabil. Hat man allerdings gesundheitliche Einschränkungen an Knien oder Hüften, so sollte man nicht die Torheit begehen, sich in den Lotussitz zu zwängen und sich die Beine noch mehr zu ruinieren, oder noch schlimmer – einfach gar nicht zum Zazen zu kommen. Hierfür gibt es Bänkchen, Hocker und Stühle, die man gerne benutzen darf.

Muß ich ein eigenes Kissen mitbringen?

Nein. Wir haben genügend Zafus (Sitzkissen) und Matten im Dōjō. Auf Dauer empfiehlt sich jedoch ein eigenes Zafu aus dem Grunde, daß man sich an seine persönliche Sitzhöhe und -härte gewöhnt. Da ist es müßig, jedesmal aufs Neue ein passendes Kissen zu suchen. Das Problem kennt jeder vom Kopfkissen.

Wer ist Euer Lehrer?

Wir haben keinen. Unsere Gruppe wurde 1997 gegründet von einigen Leuten, die negative Erfahrungen gemacht hatten mit Autoritäten und daher ohne Hierarchien praktizieren wollten. So ist es bis heute geblieben. Wir haben zwar einen Leiter, aber der ist eher als Primus inter pares, als Ansprechpartner zu sehen. Aber natürlich haben wir auch Mitglieder, die einen Lehrer außerhalb haben und dort Sesshins besuchen. Wir sehen uns allerdings mit der Tradition der Sōtō-Schule verbunden.

Was kann ich lesen?

Es gibt inzwischen Zenliteratur wie Sand am Meer. Das meiste hat jedoch mit Zen wenig zu tun. Die Bücher über Zen-Einrichtung und Zen-Küche haben mit Zen so viel zu tun wie ein Mettbrötchen mit veganer Ernährung. Entgegen der Meinung vieler Autoren ist Japan nicht vom Geiste des Zen durchdrungen und war es auch nie. Eine sehr gute Einführung in Zen in allen seinen Ausführungen und Aspekten gibt Prof. Inken Prohl in: „Zen für Dummies“. Aus der Innensicht zeigt Jiho Sargent einen realistischen Einblick in den Zen-Buddhismus in Japan und außerhalb in „Zen, was ist das?“ Schöne Erfahrungsberichte eines Tempelaufenthalts in Japan haben David Chadwick: „Thank You and OK! An American Zen Failure in Japan“ (auf Englisch) und Ryōfū Pussel: „Finde den stillen Klang des Mondes. Als Mönch in einem japanischen Zen-Kloster.“ geschrieben. Wer etwas von Dōgen, dem Gründer der Sōtō-Schule, lesen will, sollte mit „Shōbōgenzō Zuimonki“ kurzen Ansprachen an die Mönche, die verhältnismäßig einfach zu verstehen sind, beginnen.  Eine gute Einführung in den Buddhismus: Bernard Faure: „Buddhismus“.

Lesen? Zen ist doch eine Lehre jenseits der Schriften!

Das denken alle. Antiintellektualismus! Koprolalie! Buddhastatuenzertreten! Das ist ZEN! Nein! Romantische Vorstellungen Intellektueller des 20. Jahrhunderts (zu denen Sie gehören, wenn Sie „Antiintellektualismus“ und „Koprolalie“ verstehen), ausgehend von Leuten wie D.T. Suzuki und
dann dankbar übernommen von jungen Zen-Adepten der Sechziger Jahre.
Dōgen war äußerst belesen, kannte die wichtigste chinesische Literatur der Zeit und schrieb sehr viel und hochintellektuell. Was gemeint ist: Die Zen-Schulen finden nicht das Heil in den Schriften
wie andere Richtungen (z.B. Nichirenshu), die Hauptübung ist Zazen, nicht das Schriftstudium.
Ums Lesen kommt man auch in den Zen-Schulen nicht herum. Sorry.

Und die ganzen Zeremonien?

Ein interessantes Thema. Zen ist hoch ritualisiert. Vielleicht mehr, als man selbst mitbekommt. Man tritt mit dem linken Fuß an der
linken Seite ins Zendō ein und an der rechten Seite mit dem rechten Fuß aus. Man dreht sich (fast) immer im Uhrzeigersinn und verbeugt sich stetig. Rituale sind anfangs immer schwierig, ob nun religiös oder weltlich. Was war es damals schwierig, Kleinen Feigling zu trinken, einen schnöden Mode-Likör. Die Flasche auf den Tisch klopfen, den Deckel auf die Nase setzen, und so weiter. Unmachbar beim ersten Versuch. So auch religiöse Rituale. Beherrschung zeigt Zugehörigkeit. Aber, viel wichtiger im Zen, feste Abläufe befreien von Egotätigkeit. Wenn Alle es gleich tun, was ist dann das Spezielle an mir? Nichts. Wir bilden den Körper des Buddha.